Hugo Kretzsch
In einer Zeit, in der Heinrich Schliemann Troja schon gefunden hatte, und die Entdeckung des Tutanchamun kurz bevor stand, begann der Lehrer Hugo Kretzsch sich mit der Ur- und Frühgeschichte unserer Heimat zu beschäftigen. Diese steckte noch in den Kinderschuhen, erlebte aber in dieser Zeit, inspiriert durch die großen internationalen Ausgrabungen einen enormen Aufwärtstrend. Pfarrer, Lehrer, Gutsbesitzer und interessierte Privatpersonen suchten nach den Hinterlassenschaften unserer Vorfahren. Ein Gesetz zum Schutz der Bodenaltertümer gab es in dieser Zeit noch nicht. Da Hügelgräber zu den wenigen sichtbaren Objekten gehörten, waren sie die beliebtesten Ziele der Grabungen. Aber auch die Universität Jena forschte unserem Gebiet.
Außerdem führte man in der Universität vorgeschichtliche Kurse für Volksschullehrer durch, die auch Hugo Kretzsch besuchte. Bei Professor Eichhorn erwarb er sich das Grundwissen für seine späteren Forschungen. Aber auch die Volkshochschulen Eisenberg, Bürgel und selbst der Militärverein Seifartsdorf boten Vortragsreihen über die Vorgeschichte an. Hier wurde erstmals die Frage gestellt, ob es in der näheren Umgebung Seifartsdorfs Hügelgräber gibt.
Das alles, so Kretzsch selbst, inspirierte ihn zu seinen späteren Forschungen.
Aber seine Interessengebiete waren noch vielfältiger.
Geschichte, Botanik, Geologie und die reiche Sagenwelt unserer Region waren Teil seiner Forschungen.
Ein ganzer Ordner gesammelter sagen, liegt unbearbeitet im Stadtmuseum Eisenberg.
Hugo Kretzsch wurde am 18. November 1881 in Kauern bei Gera geboren. Sein Lehrer Ernst Amende aus Orlamünde, ein bekannter Thüringer Heimatforscher, hat mit großer Wahrscheinlichkeit sein Interesse und seine Liebe zur Heimat und deren Geschichte geweckt. Hugo Kretzsch arbeitete als Lehrer und kam so 1921 an die Schule Seifartsdorf. Zuvor von 1902- 1905 arbeitete er als Lehrer in Serba, bis 1910 in Hohendorf und dann in Eisenberg. 1945 beendete er seinen Schuldienst aus Altersgründen.
Rund um seine Arbeitsorte suchte er Felder ab, entdeckte viele archäologische Fundstellen und baute eine regional unschätzbare Sammlung auf.
Seine enge Zusammenarbeit mit der Jenaer Universität, mit dem Museum für Ur- Und Frühgeschichte Weimar und unzähligen Fachleuten zeigten seine hohe Anerkennung in wissenschaftlichen Kreisen.
1920 wurde er Mitglied des Geschichts- und Altertumsforschenden Vereins zu Eisenberg. Kretzsch’s Spezialgebiet wurde die Steinzeit. 1924 war er an den Grabungen in Eisenberg beteiligt, die die noch heute spektakulären ältesten Hanffunde Deutschlands zu Tage förderten.
Rund um Seifartsdorf entdeckte er 40- 50 jungsteinzeitliche Grabhügel die aus der Periode der Schnurkeramik stammten und ca. 4000 Jahre alt sind. 11 davon grub er mit Kindern und Jugendlichen vor dem 2. Weltkrieg aus, und machte spektakuläre Entdeckungen. Er fand in den Gräbern Reste von Totenhütten die bis dahin unbekannt waren. Der Totenkult in der Steinzeit war so angelegt, dass man die Toten mit Gegenständen des täglichen Bedarfs wie Werkzeuge, Waffen, Töpfe mit Essen und Schmuck ausstattete und auch ihr häusliches Umfeld nachbaute. Über das Haus in dem der oder die Toten lagen, schütteten die Steinzeitmenschen einen Erdhügel auf. Nur dieser, die Grabbeigaben, Reste von konservierten Holz und Steinfundamente blieben bis heute erhalten.
1955 wurden diese Grabungsergebnisse im Fachbuch „Altthüringen“ von ihm und Dr. Behm- Blancke publiziert.
Seine Ausgrabungen von schnurkeramischen Grabhügeln am Großen Stein und der Alten Straße bei Seifartsdorf, bei Hartmannsdorf, Etzdorf und Caaschwitz werden zum Teil heute noch in der Fachliteratur zitiert.
Von 1925- 1927 grub er am Kolk bei Gleina eine schnurkeramische Siedlung aus, zu dieser Zeit die erste in Thüringen. Dabei fand er auch ein bronzezeitliches Gräberfeld, das später im Bereich der Siedlung angelegt worden war. Auch dieses wurde zum Teil von ihm untersucht. Bei seinen unzähligen Begehungen auf Feldern, die unter seiner Anleitung auch oft Schüler von ihm durchführten, fand er die altsteinzeitlichen Fundstellen Ahlendorf und Etzdorf. Diese ca. 15.000 Jahre alten Siedlungsplätze brachten an Funden meist Feuersteingeräte. Über diese publizierte 1957 Rudolf Feustel, wiederum in „Altthüringen“ Band 2. Im gleichen Buch gibt es eine Aufstellung mittelsteinzeitlicher Funde in Thüringen. Auch hier wird die Sammlung von Hugo Kretzsch mehrfach genannt. So fand er bei Kursdorf, Poxdorf, Hohendorf, Göritzberg, Rauschwitz und Caaschwitz Spuren der hier vor 7.000 Jahren lebenden Menschen.
Nach 1945 wurde es ruhiger um ihn. Er beteiligte sich am Aufbau des Kreisheimatmuseums in Friedrichstanneck (Eisenberg) und führte 1952 eine Nachgrabung an einem Hügelgrab bei Etzdorf durch. 1955 wurde ihm noch ein Hügelgrab an der Alten Straße gemeldet, welches er noch untersuchte. Am 7. Juni 1965 starb Hugo Kretzsch im Alter von 83 Jahren. In Seifartsdorf erinnert am Ortsausgang in Richtung Tautenhain ein Gedenkstein an den Archäologen und Heimatforscher Hugo Kretzsch.
2006 anlässlich seines 125. Geburtstages als Pressebericht geschrieben